„Wir dürfen nicht vergessen“

Am 25. November 1990, hat eine Gruppe rechtsextremer Jugendlicher den aus Angola stammende Amadeu Antonio Kiowa zusammengeschlagen. Einige Tage danach verstarb er an den Folgen des Überfalls. Er wurde 28 Jahre alt. Er ist eines der ersten Todesopfer rechtsextremer Gewalt seit der Wiedervereinigung. 

Es folgen viele weitere. Kurze Zeit später beispielsweise am 23. November 1992 in Mölln: Ermordet wurden Yeliz Arslan, Ayse Yilmaz und Bahide Arslan. Yeliz Arslan war gerade mal 10, Ayse Yilmaz 14 und Bahide Arslan 51 Jahre alt, als sie in der Nacht durch einen Brand in ihrem Haus gestorben sind. Zwei rechtsradikale Männer zündeten es mit Molotowcocktails an. Neun weitere Menschen wurden verletzt. Eine Welle rassistischer und rechtsextremer Gewalt ging in den frühen 90er Jahren durch das Land, unter anderem auch in Solingen und Darmstadt. 

Jedes Opfer zählt

In den 2000er Jahren ging es weiter: Im Juni 2000 ermordeten Neonazis in Dessau Alberto Adriano. Im September erschoss der NSU Enver Simsek. Neun weitere Menschen hat diese rechtsextreme Terrorgruppe ermordet. Bis heute folgten viele weitere Mordanschläge. Die Angaben dazu, wie viele Menschen durch rassistisch und rechtsextrem motivierte Taten ihr Leben verloren haben, schwanken. Eine Recherche der Wochenzeitung Die Zeit und des Tagesspiegel kommt aktuell auf eine Zahl von 187 getöteten Menschen. Die Amadeu Antonio Stiftung zählt aktuell „mindestens 213 Todesopfer rechter Gewalt“ seit 1990. 

Jeder einzelne Fall zählt. Allen Opfern sollten wir gedenken. Dazu gehören Menschen mit Migrationshintergrund, Asylbewerber und Geflüchtete – und Menschen, die den Mut haben, sich gegen Rechtsextremismus und Gewalt zu stellen. Am 1. Juni 2019 wurde der Kasseler Regierungspräsident Walter Lübcke wegen seines Engagements für Geflüchtete ermordet. 

Vor einem Jahr, am 19. Februar 2020, hat ein fanatischer Rassist in Hanau neun Menschen mit Migrationserfahrung ermordet: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar, Kaloyan Velkov. Anschließend tötete er seine Mutter und sich selbst. 

Demokratie verteidigen

So groß die Wut auf die rassistischen Gewalttaten ist. So unfassbar uns jedes einzelne Schicksal zurück lässt. Wenn wir ihrer gedenken, finden wir die Kraft, uns weiter gegen den Rassismus zu stellen. Die Täter handeln auf der Grundlage rassistischer Verschwörungstheorien. Mit ihren Taten greifen sie auch unsere Demokratie an. Demokratie und Rechtsstaat gilt es zu verteidigen, nicht zu schwächen. Den Gefallen dürfen wir den Rechtsradikalen nicht tun. Für die Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und eine friedliche Gesellschaft müssen wir uns alle einsetzen. Jeden Tag. 

Arif Arslaner

Der Autor ist Geschäftsführer des Vereins für Kultur und Bildung (KUBI) in Frankfurt am Main und lebt seit 1979 in Deutschland. 

Kasten

KUBI führt derzeit mit migrantischen Organisationen und Vereinen ein Projekt zur Stärkung der Demokratie und zum Engagement gegen Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie und Extremismus durch: „Migrant*innen-Organisationen Netzwerk für Demokratie (MOND)“ heißt das Projekt. Wer sich beteiligen will, wendet sich an: mond@kubi.info

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