Gedanken von Arif Arslaner, Geschäftsführer KUBI gGmbH

In diesen aufgewühlten Zeiten war die Euro24 regelrecht Balsam auf der deutschen Seele: singende Schotten, tanzende Türken und Niederländer, jubelnde Spanier. Ein friedliches und fröhliches Miteinander der verschiedenen Nationen. Und das alles mitten in Deutschland. Mitten in Europa, wo über ein gutes vielfältiges Zusammenleben mit steigender Härte debattiert wird.

Zu viele Krisen, zu viele Konflikte, zerstörerische Kriege. Wachsende Verunsicherung in der Bevölkerung, Zukunftsängste. Die letzten Wahlen zeigen einen deutlichen Rechtsruck in der gesamten EU. Politische Kräfte, die nationalistische Ziele verfolgen, die Menschengruppen abwerten und ausgrenzen, gewinnen an Zulauf.

Vielfalt als verbindende Kraft

Umso bedeutender ist das, was wir mit unserer National-Elf bei der Euro24 erleben durften. Das deutsche Nationalteam war auch dank seiner Vielfalt im internationalen Fußballwettbewerb mehr als erfolgreich. Vielfalt wirkt als verbindende Kraft und bedeutet Chancen – insbesondere ökonomisch.

Wer heute nicht auf Vielfalt setzt, verliert seine Wettbewerbsfähigkeit. Abschottung in jedweder Form hätte das Team komplett ins Abseits gestellt.

Der Kapitän der deutschen Nationalmannschaft hat türkische Wurzeln. Der Kapitän der türkischen Nationalmannschaft wiederum ist hier in Deutschland geboren, aufgewachsen und hat hier Fußballspielen gelernt. Von diesen Kombinationen gibt es viele. Multiple Zugehörigkeiten sind in der breiten Mitte der Gesellschaft schon lange etabliert.

Verantwortung schafft emotionale Bindung

Dennoch bestehen Ängste und Verunsicherung gegenüber unserer Einwanderungsgesellschaft, die wir ernst nehmen müssen. Deshalb stellt sich die Frage, was genau hat im Nationalteam das Gemeinschaftsgefühl wachsen lassen – trotz großer Vielfalt?

Nationaltrainer Nagelsmann beschreibt sein Erfolgsrezept so: Jeder im Staff hat eine gewisse Verantwortung. Durch das übertragene Vertrauen entsteht eine größere emotionale Bindung.

Wer Verantwortung übernimmt, fühlt sich zugehörig.

So kann es gehen. In vielen Tausend deutschen Unternehmen und Betrieben ist das vielseitige Miteinander heute Alltag. Genauso wie auf dem Fußballfeld. Vielfalt stärkt Erfolg sowie Produktivität und damit auch Wohlstand in unserem Land.

Dass es auch rassistische Tendenzen bei uns gibt, denen wir entschlossen entgegentreten müssen, soll hier nicht verschwiegen werden. Aber festzustellen ist: In Deutschland dominiert eindeutig eine offene, tolerante Gesellschaft, die sich gerne zur Vielfalt bekennt.

Wir fordern dazu auf, diese verbindende Kraft der vielfältigen deutschen Nationalmannschaft weiter am Wirken zu halten, auch hier in unserer Frankfurter Stadtgesellschaft. Um Vertrauen aufzubauen und Sicherheit zurückzugewinnen, müssen die Menschen Teilhabe aktiv erleben und dafür Verantwortung in ihrem Umkreis übernehmen können.

Wir als KUBI, etablierter sozialer Bildungsträger in Frankfurt, möchten gerne unseren Beitrag leisten.

Wir haben dazu zwei Forderungen und einen Vorschlag:

1 Poltische und demokratische Bildung in Schulen und (Weiter-) Bildungseinrichtungen muss ausgebaut werden und zum Standardrepertoire aller Bürger:innen werden.

2 Das Vertrauen und das Sicherheitsgefühl der Bevölkerung in einem Einwanderungsland wie Deutschland müssen wir gemeinsam aktiv stärken. Dies gelingt durch gute Integrationsprogramme mit vielen offenen Begegnungsstätten und aktivem Austausch in Alltagssituationen sowie einer Offensive für Verantwortungsübernahme.

3 Sport integriert und Sport verbindet. Hier können wir auch in Frankfurt noch besser werden. Unser konkretes Angebot: Wir veranstalten im Herbst 2024 eine Fachdiskussion zur Frage, wie Vielfalt als Erfolgsrezept in der Sportwelt noch stärker etabliert und positiv in die Mitte der Gesellschaft transportiert werden kann.

–> Artikel auf LinkedIn HIER